Bauen für die kommenden Generationen
Wie nachhaltige Architektur den Tourismus in Südtirol prägt
Immer mehr Hotels und Gastronomiebetriebe in Südtirol setzen auf Bauwerke, die ästhetisch, ökologisch und sozial überzeugen. Michael Pichler, Leiter des Bereichs Baumanagement in
der HGV-Unternehmensberatung, erklärt: „Es geht nicht darum, funktionale Bauten zu errichten, sondern darum, Orte zu schaffen, die im Einklang mit der Umwelt stehen und den Gästen ein authentisches Erlebnis bieten“.
Nachhaltiges Bauen umfasst Energieeffizienz, den Einsatz nachwachsender Rohstoffe, smarte Gebäudetechnik und Kreislaufwirtschaft. Baustoffe wie Holz spielen dabei eine Schlüsselrolle: Sie verbessern das Raumklima, reduzieren den Energieverbrauch und lassen Gästen die Wertschätzung für die Umwelt spüren. Ebenso wichtig sind Bewusstseinsbildung und klare Wertekommunikation, sowohl im Team als auch gegenüber den Gästen. „Wer ein durchdachtes Hotelkonzept erlebt, in dem Technologie, Ästhetik und Umweltschutz harmonieren, nimmt Impulse mit nach Hause. So wird Tourismus zur stillen, aber wirkungsvollen Bildungsplattform“, so Pichler.
Ein praktisches Beispiel, wie sich diese Prinzipien umsetzen lassen, liefert das Eco Aparthotel OLM Nature Escape in Kematen bei Sand in Taufers. Für Ideator und Lizenzgeber Thomas Steiner war von Anfang an der ganzheitliche Ansatz entscheidend: „Wir wollten ein Haus schaffen, das in sich stimmig ist, ökologisch, ökonomisch und sozial. So entstand ein Ort, der sich nicht nur architektonisch, sondern auch in seiner Haltung harmonisch in das Tauferer Ahrntal einfügt.“
Der kreisförmige Grundriss sorgt für eine kompakte Gebäudehülle und vermeidet dauerhaft schattige Nord- oder Ostseiten, was Wärmeverluste reduziert. Das flach geneigte Dach bietet optimale Bedingungen für eine Photovoltaikanlage. „Ideal für die Nutzung der Sonnenenergie“, erklärt Christian Lechner, Bauunternehmer und Miteigentümer des OLM. Jährlich liefert die Anlage zwischen 500.000 bis 550.000 kWh Strom. Genug, um die Geothermie-Anlage des Hauses größtenteils autark zu betreiben. Diese erzeugt rund 800.000 kWh Wärme und Kälte pro Jahr für den Betrieb des Hotels mit Wellnessbereich und 25 Wohneinheiten.
Auch wirtschaftlich zahlt sich der gewählte Ansatz aus: Ein konventioneller Hotelbetrieb dieser Größe gibt jährlich rund 300.000 Euro für Energie aus. „Wir verbuchen Energiekosten
von etwa 50.000 Euro. Überschüssiger Tagesstrom wird ins Netz eingespeist, nachts decken wir den Bedarf über Zukauf. Mit einer Erweiterung der Photovoltaikanlage auf den Carport werden wir diese Differenz künftig ausgleichen“, so Lechner.
Wer heute baut, gestaltet die Lebensräume von morgen. Damit Architektur langfristig Bestand hat, sind neue Konzepte und das Zusammenspiel vieler Akteure notwendig. Orientierung kann dabei die Natur bieten: Nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip wird Abfall nicht als Endprodukt gesehen, sondern als Ressource, die in neue Kreisläufe zurückgeführt werden kann. Für das Bauwesen bedeutet das, Materialien so auszuwählen, dass sie am Ende ihrer Lebensdauer wiederverwendbar sind. In Zeiten knapper Ressourcen und einer wachsenden Bauwirtschaft ist dieser Ansatz ökologisch notwendig sowie wirtschaftlich attraktiv.
Ebenso entscheidend ist der Dialog zwischen Bauherrinnen und Bauherren, Planerinnen und Planern sowie Betreiberinnen und Betreibern. Nachhaltiges Bauen bedeutet, Verantwortung zu übernehmen für die Umwelt, die Region und die Menschen. „Ein nachhaltiges Gebäude ist kein fertiges Produkt, sondern Teil eines lebendigen Prozesses“, fasst Pichler zusammen und meint abschließend: „Nur wenn alle an einem Strang ziehen, kann die Bauwende gelingen.“