Es wird immer menscheln
Mitarbeitende und digitale Helfer im Hotel von morgen. Das wird echtes Teamwork.
Wie sollen wir verstehen, was sich erst etablieren muss? Wie können sich Mensch und Technik wirklich gut ergänzen? Wie gelingt also die neue Hotelwelt? Prof. Dr. Vanessa Borkmann ist Leiterin des Innovationsnetzwerks FutureHotel am Fraunhofer IAO und Professorin für Tourismus. Sie beschäftigt sich täglich mit Innovation und erforscht Lösungen, die heute noch wenig bekannt sind. Konsequent nimmt sie dabei die Perspektiven der Nutzenden ein. Im Interview sagt sie: „Digitalisierung im Hotel, da muss das Team mitreden dürfen.“
Die Teams kennen den Arbeitsalltag am besten und wissen, wo digitale Helfer wirklich Mehrwert schaffen. Wichtig ist, überhaupt anzufangen: Digitalisierung gelingt selten auf Knopfdruck, sondern entwickelt sich schrittweise.
Prof. Dr. Vanessa Borkmann
Frau Borkmann, bei vielen wächst die Sorge vor dem „menschenleeren Hotel“. Wie können Hoteliers Technologie als Co-Pilot einsetzen, der ihr Team unterstützt, ohne dass die Gastfreundschaft dabei an menschlicher Wärme verliert?
Die Sorge vor einem „menschenleeren Hotel“ ist verständlich, aber in der Praxis zeigt sich: Automatisierung entfaltet gerade dort ihren Wert, wo sie Mitarbeitende gezielt entlastet oder Aufgaben übernimmt, für die heute oft keine Arbeitskräfte mehr gefunden werden. Also in Bereichen, wo die Technologie nicht ersetzt, sondern unterstützt. Entscheidend ist, dass die Teams von Anfang an eingebunden werden. Sie kennen den Arbeitsalltag am besten und wissen, wo digitale Helfer wirklich Mehrwert schaffen. Wichtig ist, überhaupt anzufangen: Digitalisierung gelingt selten auf Knopfdruck, sondern entwickelt sich schrittweise. Es geht darum, Erfahrungen zu sammeln und die Technik kontinuierlich und pragmatisch weiter auszubauen. So lassen sich Abläufe immer wieder anpassen und optimieren. Erfolgreiche Digitalisierungsprojekte sind oft das Ergebnis eines gemeinsamen Lernprozesses im Team. Digitale Transformation bringt auch neue Berufsprofile ins Gastgewerbe.
Welche Kompetenzen werden die Hotelmitarbeitenden der Zukunft brauchen, und wie können sich Betriebe schon heute auf diese Anforderungsprofile vorbereiten?
Die digitale Transformation führt dazu, dass sich die Berufsprofile im Hotel deutlich erweitern und verändern. Schon jetzt sehen wir, dass die Servicekraft von morgen weit mehr leisten wird als nur klassische Gästebetreuung: Sie agiert zunehmend als 360°-Servicekraft, die persönliche Beratung mit der Nutzung smarter Tools kombiniert und Gäste je nach Wunsch digital oder persönlich begleitet. Kompetenzprofile wie Innovations- oder Technologiemanager kommen auch im Hotel vermehrt zum Einsatz. Ebenso werden Technologieintegratoren und IT-nahe Rollen wichtiger, also Mitarbeitende, die Schnittstellen zwischen Betrieb, Technik und Gästen gestalten, Systeme implementieren und optimieren. Auch das HR-Management rückt näher an die IT, weil neben menschlichen Mitarbeitenden künftig auch Avatare und Roboter zum „Team“ gehören. Der Einsatz von Technologie treibt die Automatisierung voran. Betriebe sollten sich gezielt damit beschäftigen und in die Weiterbildung und Weiterentwicklung ihrer Mitarbeitenden investieren, Innovationsbereitschaft fördern und Raum für Neues schaffen.
Werfen wir einen Blick ins Jahr 2035: Welche Vision haben Sie persönlich für die Zukunft der Gastlichkeit und die Rolle der Mitarbeitenden in dieser neuen Hotelwelt?
2035 wird ein erfolgreiches Hotel ein Ort sein, an dem Mensch-zu-Mensch-Kontakte wieder in den Mittelpunkt rücken, während Technik als diskrete Helferin im Hintergrund für Wohlbefinden, Komfort, Effizienz und reibungslose Abläufe sorgt. Die menschliche Begegnung wird bedeutungsvoll: Gäste erwarten heute und in Zukunft nicht bloß funktionalen Service, sondern tiefgründige, authentische Verbindungen und Gespräche, die inspirieren und im Gedächtnis bleiben. Das führt dazu, dass Mitarbeitende zu echten Beziehungsgestaltern werden. Die Zukunft der Hotelwelt entsteht im Teamwork von Mensch und Technik: Der Mensch bleibt Herz und Seele des Hauses, und die Technik ist sein zuverlässiger, unsichtbarer Co-Pilot.
Interview: Manuela Pattis,
Leiterin der HGV-Stabsstelle Innovation