Wie kleine Impulse große Wirkung zeigen
Nachhaltigkeit sanft steuern: Nudging im Hotel- und Gastronomiebetrieb
Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft zählt jeder Schritt – und die Gäste spielen dabei eine zentrale Rolle. Ziel kann weniger Lebensmittelverschwendung oder eine nachhaltigere Speisenauswahl sein. Doch wie lassen sich umweltfreundlichere Entscheidungen fördern?
Hier kommt das Konzept des Nudging ins Spiel. Nachhaltigkeit ist längst kein Trend mehr, sondern eine Notwendigkeit. Doch um wirklich etwas zu bewirken, reicht es nicht, nur interne Prozesse zu optimieren. Gäste müssen in die nachhaltige Philosophie des Hauses eingebunden und für umweltfreundlichere Entscheidungen begeistert werden. Genau hier setzt das Konzept des Nudging an. Es nutzt subtile Impulse, um Menschen zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen – ohne Zwang, sondern durch clevere Anreize.
Nudging stammt aus der Verhaltensökonomie und bedeutet so viel wie „sanftes Anstupsen“. Ziel ist es, gewünschte Verhaltensweisen zu fördern, indem das Umfeld entsprechend gestaltet wird.
Gerade in der Hotellerie kann dies einen enormen Einfluss haben: Weniger Lebensmittelverschwendung, ein bewussterer Umgang mit Ressourcen oder eine nachhaltigere Speisenauswahl – all das lässt sich mit gezielten Maßnahmen steuern. Walter Holzer vom Berghotel Sexten gehört zu den Vorreitern in Südtirol, die ihre nachhaltige Philosophie konsequent und transparent umsetzen. „Nachhaltigkeit beginnt nicht erst in der Küche oder beim Energieverbrauch“, erklärt Holzer. „Wir haben festgestellt, dass viele Gäste durchaus bereit sind, umweltbewusstere Entscheidungen zu treffen – wenn man sie geschickt dabei unterstützt.“
Der Gastgeber setzt auf das Prinzip der Information als bewährte Nudging-Technik. „Nicht nur im Menü sind die Produzenten vermerkt, auch an mehreren Touch-points im Hotel geben grafische Darstellungen wie Piktogramme und Hinweise Aufschluss über Herkunft und Eigenschaft der Lebensmittel.
Auf der Homepage werden einige Lieferanten vorgestellt: „Wir geben unseren Produzent/innen und Lieferanten ein Gesicht“, das schafft Vertrauen. Wichtig sei auch die direkte Kommunikation durch die Mitarbeiter/innen, betont Holzer. „Gäste schätzen es, zu wissen, woher ihr Essen kommt, und entscheiden sich dadurch häufiger für regionale oder pflanzliche Alternativen.“
Ein weiterer effektiver Nudge ist es, das wünschenswerte Verhalten zur Standardeinstellung zu machen. Anstatt davon auszugehen, dass ein Fleischgericht auf der Speisekarte stehen muss, könnte man den Spieß einfach umdrehen und als Hauptgericht ein vegetarisches Gericht anbieten – und als Hinweis „Fleischgericht auf Anfrage“ geben. Die Gäste entscheiden sich dann automatisch nachhaltiger.
Nicht nur die Auswahl, sondern auch die Präsentation beeinflusst das Verhalten der Gäste. Werden nachhaltige Speisen auf der Speisekarte prominenter hervorgehoben oder am Buffet auffälliger positioniert, zeigt das sofort Wirkung.
Hier greift das Prinzip der Bequemlichkeit: Das wünschenswerte Verhalten wird zur einfachsten und intuitivsten Wahl. Schließlich kann schon bei der Benennung von Gerichten der Gast “angestupst“ werden, die bessere Wahl zu treffen. Die Eigenschaften, die für alle interessant sind, wie Herkunft, Geschmack und Genuss sollten betont werden. Pflanzliche Gerichte nicht als „vegan“ präsentieren, sondern durch ansprechende Beschreibungen Lust aufs Probieren machen. Beispiel: Statt „vegane Linsensuppe“ besser „Linsensuppe mit Croutons aus knusprig gebratenem Tofu“ oder „Blumenkohl- Schnitzel mit cremigem Kartoffelpüree und rahmiger Pilzsauce“ anstatt „veganes Schnitzel“ schreiben.
Nudging ist eine wirksame und kostengünstige Methode, um nachhaltiges Verhalten zu fördern – ohne erhobenen Zeigefinger. Dabei profitiert nicht nur die Umweltbilanz, sondern auch das Gästeerlebnis. Hotels, die ihre nachhaltigen Ziele effizienter erreichen möchten, können mit diesen einfachen Maßnahmen sofort starten. Denn manchmal genügt schon ein kleiner Anstoß, um große Veränderungen zu bewirken.